Friedensappell der Weltreligionen

Assisi, 20. September 2016

Wir Männer und Frauen verschiedener Religionen sind als Pilger in der Stadt des heiligen Franziskus zusammengekommen. Hier versammelten sich 1986 – vor dreißig Jahren – auf Einladung von Papst Johannes Paul II. Religionsvertreter aus der ganzen Welt, um zum ersten Mal auf eine sehr intensive und feierliche Weise die unlösbare Verbindung zwischen dem hohen Gut des Friedens und einer echten religiösen Einstellung deutlich zu machen. Seit jenem historischen Ereignis hat sich ein langer Pilgerzug in Gang gesetzt, der viele Städte auf der Welt berührt und so zahlreiche Glaubende in den Dialog und das Gebet für den Frieden einbezogen hat. Er hat vereint ohne zu vermischen, indem er feste interreligiöse Freundschaften gestiftet und Unterstützung zur Beilegung nicht weniger Konflikte gewährt hat. Das ist der Geist, der uns beseelt: die Begegnung im Dialog zu verwirklichen und uns jeder Form von Gewalt und jedem Missbrauch der Religion zur Rechtfertigung von Krieg und Terrorismus zu widersetzen. Und doch sind in den vergangenen Jahren immer noch viele Völker schmerzlich vom Krieg in Mitleidenschaft gezogen worden. Man hat nicht immer verstanden, dass der Krieg die Welt nur verschlechtert und ein Erbe des Leids und des Hasses hinterlässt. Mit dem Krieg sind alle Verlierer, auch die Sieger.

Wir haben uns im Gebet an Gott gewandt, dass er der Welt den Frieden gebe. Wir erkennen die Notwendigkeit, beständig für den Frieden zu beten; denn das Gebet schützt die Welt und macht sie hell. Der Friede ist der Name Gottes. Wer den Namen Gottes anruft, um den Terrorismus, die Gewalt und den Krieg zu rechtfertigen, beschreitet nicht den Weg des Herrn: Der Krieg im Namen der Religion wird zu einem Krieg gegen die Religion selbst. Mit fester Überzeugung bekräftigen wir daher, dass die Gewalt und der Terrorismus dem wahren religiösen Empfinden widerstreiten.

Wir haben auf die Stimme der Armen, der Kinder und der jungen Generationen gehört, auf die der Frauen und so vieler Brüder und Schwestern, die unter dem Krieg leiden. Mit ihnen rufen wir aus voller Kraft: Nein zum Krieg! Der schmerzvolle Schrei so vieler Unschuldiger bleibe nicht ungehört! Wir flehen zu den Verantwortlichen der Nationen, dass sie die Beweggründe für die Kriege entschärfen: die Gier nach Macht und nach Geld, die Begierde derer, die mit Waffen handeln, die Eigeninteressen, die Vergeltungssucht für Vergangenes. Möge der konkrete Einsatz, die zugrunde liegenden Ursachen der Konflikte zu beseitigen, erhöht werden: die Situationen der Armut, der Ungerechtigkeit und der Ungleichheit, die Ausbeutung und die Geringschätzung des menschlichen Lebens.

Möge endlich eine neue Zeit anbrechen, in der die globalisierte Welt eine Familie von Völkern wird. Möge sich die Verantwortung konkretisieren, einen wahren Frieden aufzubauen, der auf die echten Bedürfnisse der Menschen und Völker achtet, der den Konflikten mit der Zusammenarbeit zuvorkommt, der den Hass besiegt und die Schranken mit der Begegnung und dem Dialog überwindet. Nichts ist verloren, wenn man wirklich den Dialog praktiziert. Nichts ist unmöglich, wenn wir uns im Gebet an Gott wenden. Alle können „Handwerker“ des Friedens sein. Von Assisi aus erneuern wir voller Überzeugung unser Vorhaben, dies zu sein, mit Gottes Hilfe und gemeinsam mit allen Männern und Frauen guten Willens.